Umgang mit Konflikten in kleinen Kommunen

Konflikte sind ein alltäglicher Bestandteil der kommunalen Arbeit. Sie entstehen zwischen Verwaltung und Bürgerschaft, innerhalb der Gemeinderäte oder in interkommunalen Kooperationen. Insbesondere in Zeiten polarisierter politischer Debatten und durch die ständige digitale Erreichbarkeit werden die Herausforderungen für Verwaltungsmitarbeitende immer größer. Eine professionelle, systemische Herangehensweise der Verwaltung an Konflikte mit interdiziplinären Formaten, partizipativer Beziehungskultur und Transparenz kann helfen, Spannungen konstruktiv zu nutzen und tragfähige Lösungen im Sinne des Gemeinwohlinteresses zu entwickeln.

 - Photo: © Andrea Nickisch
 | Photo: © Andrea Nickisch

Was bietet das Starke Orte Netzwerk

Kommunales Konfliktmanagement erfordert gezielte Methoden und ein Bewusstsein für systemische Zusammenhänge. Kleine Kommunen können durch den Einsatz bewährter Strategien nicht nur Konflikte entschärfen, sondern auch langfristig eine konstruktive Dialogkultur etablieren und damit ihre Mitarbeitenden schützen. Die Nutzung externer Beratung sollte nicht erst im Krisenfall erfolgen, sondern als proaktive Maßnahme verstanden werden. Im Starke Orte Netzwerk treffen Sie auf Gleichgesinnte und können vom Erfahrungsschatz des Netzwerks profitieren.

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Systemische Ansätze für Konfliktmanagement

Systemische Methoden helfen, Konflikte nicht nur als Probleme, sondern als Potenziale für positive Veränderung zu begreifen.

1. Gewaltfreie Kommunikation (GFK) nach Marshall Rosenberg
  • Fokus auf Bedürfnisse, statt auf Schuldzuweisungen

  • Aktives Zuhören, Empathie und wertschätzende Sprache

  • Klare Ich-Botschaften zur Vermeidung von Eskalationen

3. Systemische Aufstellungen zur Konfliktanalyse
  • Perspektivwechsel: Visualisierung der verschiedenen Interessen und Positionen

  • Identifikation von Blockaden und bewusste Fokussierung auf (Möglichkeiten zur) Lösungsfindung

  • Entwicklung eines gemeinsamen Verständnisses der Problemfelder

5. Strategien für Social-Media-Kommunikation
  • Klare Kommunikationsrichtlinien für kommunale Social-Media-Kanäle

  • Moderation von Diskussionen und Umgang mit unsachlichen Kommentaren

  • Proaktive Informationspolitik zur Vermeidung von Missverständnisse

2. Mediation und Moderation in Konfliktsituationen
  • Unparteiische Moderation bei Gemeinderatssitzungen oder Bürgerversammlungen

  • Professionelle Mediationsverfahren zur Deeskalation

  • Externe Konfliktberatung als neutrale Vermittlungsinstanz

4. Resilienz- und Selbstschutzstrategien für Verwaltungsmitarbeitende
  • Schulungen zur Abgrenzung zwischen Beruflichem und Privatem

  • Umgang mit Anfeindungen und Hassrede im digitalen Raum

  • Stärkung der persönlichen Resilienz im Umgang mit emotional aufgeladenen Situationen

“Der Schlüssel für den Aufbau von Vertrauen und das gemeinsame Finden guter Lösungen ist das Zuhören. Dafür schaffen kleinere Veranstaltungsformate mehr Raum.“ – Ann-Sofie Susen, Kommunale Konfliktberaterin bei der Stiftung SPI

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Fachseminar des SON in Herzberg mit Ann-Sophie Susen | SPI

Praxisbeispiele

Methodische Ansätze

Werkzeuge und Methoden für Konfliktmanagement

Das Kommunikationsquadrat nach Schulz von Thun

Das Kommunikationsquadrat (auch als Vier-Ohren-Modell bekannt) beschreibt vier Ebenen, auf denen jedes Gespräch “gesendet” und “empfangen” wird. Dieses Modell ist besonders nützlich in konfliktbeladenen Gesprächen, da es hilft, Kommunikationsprobleme zu erkennen und Missverständnisse zu vermeiden.

  • Sachebene: Die reine Information, die in der Nachricht enthalten ist („Was ist der Inhalt?“).

  • Selbstoffenbarungsebene: Was die sprechende Person über sich selbst mitteilt („Was sagt das über mich aus?“).

  • Beziehungsebene: Welche Beziehung zwischen den Gesprächspartnern besteht („Wie stehen wir zueinander?“).

  • Appellebene: Was der Sprecher vom Gegenüber erwartet („Was soll der andere tun oder denken?“).

Ein Missverständnis entsteht, wenn “Sender” und “Empfänger” sich auf unterschiedliche Ebenen konzentrieren. Ein Gemeinderatsmitglied sagt in einer Sitzung beispielsweise über ein geplantes Wohnprojekt für Geflüchtete: „Die Bürgerinnen und Bürger hier haben berechtigte Ängste.“

  • Sachebene: Es gibt Sorgen und Vorbehalte in der Bevölkerung.

  • Selbstoffenbarungsebene: Der Sprecher zeigt, dass er sich der Diskussion bewusst ist.

  • Beziehungsebene: Andere Ratsmitglieder oder Verwaltungsmitarbeitende könnten es als populistische Aussage oder mangelnde Unterstützung für das Projekt verstehen.

  • Appellebene: Indirekt könnte die Aufforderung mitschwingen, das Projekt zu überdenken oder kritische Stimmen stärker zu berücksichtigen.

Konfliktdynamiken nach Glasl

Der österreichische Organisationsberater und Konfliktforscher Friedrich Glasl hat ein Modell zur Konflikteskalation bzw. -lösung entwickelt, dass in einer Vielzahl von Fällen angewandt werden kann. Demzufolge durchläuft jede Streitigkeit 9 Stufen. Ist den Parteien bewusst, auf welcher Stufe sie stehen, haben sie die Möglichkeit, ihren Konflikt zu analysieren und bereits während des Konfliktverlaufs besser zu reagieren. Konflikte, die einen gewissen Punkt auf der Skala der Konflikteskalation erreicht haben, können nach diesem Modell nicht mehr ohne Hilfe von außen gelöst werden.

Herangehensweise für kommunale Konfliktbearbeitung

  • 1

    Eskalationsstufen eines Konflikts verstehen: von sachlichen Differenzen bis zur völligen Blockade.

  • 2

    Prävention und Intervention je nach Eskalationsgrad.

  • 3

    Anwendung in Gemeinderäten und Bürgerversammlungen.

  • Checkliste für Informations- und Partizipationsveranstaltungen